Campus für Generationen

9907574neuteaser.jpgLebenslanges Lernen – bislang blieb es meist bei der Idee. Im Kreis Offenbach wird sie nun praktisch umgesetzt. Dort entsteht ein Campus, auf dem künftig Kinder, Berufsanfänger, Volkshochschüler, Studenten und Rentner nebeneinander lernen.

BERLIN – Die Halbwertzeit des Wissens müsse man nun mal bedenken, sagt Peter Walter, CDU-Landrat im Kreis Offenbach. Und rechnet vor: „Zurzeit ist von einer Verdoppelung des weltweiten Wissens alle vier Jahre, im EDV-Bereich von weniger als anderthalb Jahren auszugehen.“ Bevor ein Informatik-Student sein Abschlussexamen ablegt, ist demnach das von ihm erworbene Wissen veraltet und überholt. Diese Entwicklung, sagt Landrat Walter, werde immer dramatischer. Deshalb wird in seinem Wahlkreis nun das „Haus des Lebenslangen Lernens“ gebaut.

Lebenslanges Lernen als Lösung des Dilemmas. Der Europäische Rat hatte schon 2002 darauf hingewiesen, kontinuierliche Bildung müsse im Vorschulalter beginnen, bis ins Rentenalter reichen und das gesamte Spektrum formalen, nicht formalen und informellen Lernens umfassen. Spätestens seitdem ist das lebenslange Lernen ein Ziel der Europäischen Beschäftigungsstrategie.

Der Kreis und ein Tochterunternehmen der Landesbank investieren 58 Mio. Euro

In Dreieich-Sprendlingen, einem Gewerbegebiet mitten im Städtedreieck Frankfurt (Main)-Offenbach-Darmstadt, wird das in der EU-Strategie formulierte Ideal Wirklichkeit. Auf dem rund 28.000 Quadratmeter großen Areal der beruflichen Max-Eyth-Schule soll bis März 2008 das europaweit richtungsweisende Bildungszentrum entstehen. Baubeginn war im September 2006. Zur Grundsteinlegung ein halbes Jahr später schaute sogar Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf der Baustelle vorbei.

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Das Haus des Lebenslangen Lernens im Modell

Die Gesamtkosten von 58 Mio. Euro tragen die OFB Projektentwicklung, ein Tochterunternehmen der Landesbank Hessen-Thüringen, und der Kreis Offenbach selbst.

Unter einem Dach sollen hier künftig Vierjährige neben 74-Jährigen, Menschen mit unterschiedlichen Bildungsniveaus und Fähigkeiten miteinander und voneinander lernen. Mit rund 4.000 Lernwilligen rechnen die Investoren. Rund um die Schule entstehen Gebäude für die Volkshochschule Dreieich, die Musikhochschule, ein Abendgymnasium, die Kreisvolkshochschule Dietzenbach, die Kreisbildstelle Offenbach, ein kommunales Dienstleistungszentrum für Arbeit, eine Sporthalle, ein Parkhaus sowie Räume für externe Veranstaltungen, Tagungen und Kongresse. Die kurzen Wege, hofft Landrat Walter, werden helfen, bislang getrennte Einrichtungen „pädagogisch, organisatorisch und wirtschaftlich zu vernetzen“.

Lernangebote für alle Generationen als Möglichkeit für den Wiedereinstieg

Bildung bis ins hohe Alter fördern, unterstützt durch direkte räumliche Nachbarschaft der Generationen – in Dreieich-Sprendlingen mehr als eine schöne Idee. Das Haus soll den Wiedereinstieg in die Bildung erleichtern, neue Lern- und Lehrformen schaffen, Beratung, Qualität und einfache Übergänge innerhalb des Bildungssystems bieten. Auch Menschen aus bildungsfernen Schichten will Landrat Walter ermutigen: „Der neue Campus steht allen offen und will gerade diejenigen einladen, die bisher wenig Zugang zu Bildungsangeboten hatten oder wieder einsteigen wollen.“

Das Haus des Lebenslangen Lernens wird, wenn die Idee aufgeht, Generationen verbinden. „Lernen heißt, sich gedanklich und real mit Neuem, heute und in der Zukunft, auseinanderzusetzen“, sagt Landrat Walter. Aus-, Fort- und Weiterbildung muss also, um dem europäischen Ziel des Lebenslangen Lernens ein Stück näher zu kommen, einen anderen Stellenwert bekommen. Vielleicht, so hoffen Walter und seine Mitstreiter, wird das Haus des Lebenslangen Lernens in Dreieich-Sprendlingen ja Vorbild für weitere Projekte dieser Art sein. Der Anfang von etwas ganz Großem?

http://www.hll-dreieich.de

Anne Klesse (19.09.2007)